Ich weiß, was ich letzten Sommer getan habe
Irgendwann im Verlaufe des letzten Jahres fragte ich Levin Strehlow, ob er Lust auf einen Remix hätte. Levin und ich hatten schon ein paar Konzerte zusammen gespielt, und ich sprang kurzfristig bei der Releaseparty seiner ersten EP als Soundverantwortlicher ein. Grund genug also, mich einmal an einen seinen Songs heranzuwagen.
Meine Wahl fiel schließlich auf Que Pasa – ein Song, der ein bluesigen Touch hat und rohen Charme versprüht und gleichzeitig witzig ist. Ein Song über die ehemalige Mitbewohnerin seiner WG, über deren verqueres Denken und Handeln man nur den Kopf schütteln kann – was ist bloß los mit ihr?
Bigger Beats
Seit den 90ern liegt meine Liebe bei der elektronischen Musik, und dabei auf der wundervollen Verquickung von Funk, Soul, Hip Hop und Rock mit Breakbeat, dem damaligen Big Beat. 1997 und vor allem 1998 erlebte der Big Beat seinen Höhepunkt, und gerade britische Künstler wie The Chemical Brothers, Fatboy Slim, The Prodigy und Apollo 440 schwammen ganz oben auf der Welle. Fast jede Werbung und jeder Trailer im Fernsehen wurde mit der wilden Mischung aus Samples und gebrochenen Beats unterlegt. Noch immer gibt es Künstler, die klassischen Big Beat machen, viele aber haben das Genre weiterentwickelt und beziehen modernere Elemente und Einflüsse mit ein. Eine etwas härtere Variante sind der Ghetto Funk, der wiederum vor allem in Großbritannien große Beliebtheit erfährt, und im weiteren Sinne die Nu School Breaks.
Bei Levins Song hatte ich nun seit langem zum ersten Mal die unbändige Lust verspürt, einen sehr tanzbaren, lebensbejahenden und vor Lebendigkeit sprühenden Remix (oder besser: Rework) zu kreieren, der noch die Struktur und das Original erkennen lässt. Gleichzeitig wollte ich meine ganz eigenen Interpretation des Songs schaffen und nicht zu ernst mit der Vorgabe umgehen („Kalt, warm, Schnitzel“). Während ich bei meinen eigenen Songs, von einem Songansatz ausgehend, nur selten funky Elemente verwende und weniger „cool“ bin, konnte ich hier meine langgehegte Liebe zu den gebrochenen Beats ausleben.
Back to (Nu) Skool
Meine Einflüsse aus den vorgenannten Genres verneinte ich nicht, als ich an diesem Rework arbeitete. Im Gegenteil, ich habe mich bewusst zur Feldstudie entschieden und nahezu plakativ Elemente aus meinen Genres verwendet: White-Noise-Riser, einen wobbelnden Bass (beides typisch für Ghetto Funk), Orchestersamples und Funkriffs, die über einem mehrschichtigen Breakbeat tänzeln. Lediglich bei den Acid-303-Synths habe ich immer nur bescheiden anknüpfen können, und auch wenn sie hin und wieder doch noch in meinen Songs (z.B. „Follow The Green Light“ von meiner EP I really, really like the light) auftauchen, fand ich hier keinen Platz für sie.
I’m a YouTube b*tch
Herausgekommen für mich ist eines meiner rundesten Fremdproduktionswerke bislang, auf das ich schon sehr stolz bin. Trotz meiner Studie war mir nicht einfach daran gelegen, ein Genre waschecht zu kopieren, so dass ich u.a. auch Elemente aus dem Reggae und Dubstep einbezogen und zum ersten Mal „echte“ Samples genutzt habe. Die Orchesterelemente stammen von einem mittlerweile rechtefreien Lied von Eddie Condon namens „I’m gonna stomp, Mr Henry“, aus einer Sammlung von Grammophonaufnahmen, die akribisch digitalisiert und auf archive.org hinterlegt wurden. Ein paar Details zu dem Remix und seine Grundbestandteile kann man bei meinem „Into The Song Vol. I“ auf YouTube erklärt finden.
Und weil mir ein unbewegtes, Ich-will-den-Song-auch-auf-YouTube-veröffentlichen-aber-habe-eben-kein-Video-Video nicht zusagte, habe ich sogar noch kurzerhand ein Musikvideo aufgenommen. Damit es nicht ganz so langweilig beim Zuhören ist.